Nachhaltigkeit & Klimaschutz

Was das „H“ auf den Bäumen im Wald bedeutet


Wer in diesen Herbsttagen im Dieburger Wald unterwegs ist, wird bereits die Bäume entdeckt haben, auf deren Stamm ein auffälliges „H“ gesprüht ist. Diese sind keineswegs zum Fällen verurteilt. Im Gegenteil, denn der Großbuchstabe steht für „Habitat“ (lat.: habitare = bewohnen). Die sogenannten Habitat-Bäume bieten durch ihre Beschaffenheit einen wertvollen Lebensraum für zahlreiche, teils seltene Tierarten – weshalb sie besonders schützenswert sind. Es handelt sich dabei vor allem um Horst- und Höhlenbäume, die zur Artenvielfalt und zum Artenerhalt beitragen, aber auch um Totholz, das vielen Insekten und Pflanzen ein Zuhause bietet. Mit der markanten Markierung wird verhindert, dass dieser ökologisch wertvolle Baum gefällt oder beseitigt wird. 

Aktuell werden die Bäume von Revierförster Martin Starke in Zusammenarbeit mit Landschaftsgärtner Dirk George gekennzeichnet. Sie sind in diesen Tagen sprichwörtlich auf der Suche nach vermeintlich kleinen Makeln, die einen Baum erst zum „Habitat-Exemplar“ machen. Wer Stamm und Äste der gekennzeichneten Bäume aufmerksam betrachtet, erkennt kleine Höhlen, schmale Spalten, Pilzkonsolen oder gar fertige Horste, die in den Baumwipfeln von gefiederten Bewohnern gebaut worden sind. „Im Dieburger Wald wird es künftig rund 4750 Habitat-Bäume geben“, kündigt Revierförster Starke an. Bislang wurden mehr als 2000 Habitat-Bäume markiert.

Eine Höhle in einem Baum


„Höhlenbäume“ können lebende oder tote Bäume sein, die verschiedene Arten von Hohlräumen aufweisen. Neben Astlöchern zählen dazu Höhlen, die etwa durch Spechte, Blitzschläge oder Frostrisse entstanden sind. Spechte nutzen ihre Höhlen zur Aufzucht ihrer Jungen. Später können darin auch weitere Arten nisten, die teils streng geschützt sind, wie Fledermäuse, Wald- und Rauhfußkauz, Garten-, Baum und Siebenschläfer, Baum- und Steinmarder oder Hohltauben. Als „Horste“ werden Nester von Greifvögeln, Eulen, Kranichen, Rabenvögeln, Reihern oder Störchen bezeichnet. Sie werden im Gegensatz zu normalen Nestern oft über Jahre benutzt, jährlich ausgebessert, repariert und weiter ausgebaut. In Horsten brüten viele seltene und geschützte Arten, in unseren Wäldern sind dies Milane, Störche und sogar Uhus. 

Nester in Bäumen


Auch einige abgestorbene Bäume, so genanntes „Totholz“, wird – liegend oder stehend – bewusst markiert und so in den Beständen im Dieburger Wald belassen, weil es vielen Tieren als Wohn- und Aufzuchtstätte dient. Rotkehlchen, Zaunkönig und Wasseramsel etwa brüten gerne in abgestorbenen Bäumen. Außerdem wird das sich zersetzende Holz von vielen Pilzarten bewohnt, aber auch von Käfern, Holzwespen, Wildbienen und Ameisen. Diese dienen wiederum als Nahrung für eine Vielzahl von Vögeln, wie Spechte, Kleiber und Baumläufer. Nicht zuletzt spendet das Totholz am Ende seiner Zersetzungsphase schließlich Mineralstoffe und Humus. 

Grundlage für die Kennzeichnung der Habitat-Bäume ist das Förderprogramm „Klimaangepasstes Waldmanagement“ der Bundesregierung, über das über eine Laufzeit von 20 Jahren in den ersten zehn Jahren jeweils rund 83.000 Euro (dieses Jahr anteilig rund 55.000 Euro) jährlich in den Waldwirtschaftsplan der Stadt fließen – und damit der klimaangepassten Waldwirtschaft in Dieburg dienen. Die Zuwendungen im Förderprogramm sind an die Einhaltung ökologisch wichtiger Kriterien gebunden, zu denen auch der besondere Schutz von Habitat-Bäumen im Dieburger Wald zählt. Konkret verpflichtet sich die Stadt, innerhalb von zwei Jahren auf allen Waldflächen je Hektar fünf solcher Bäume zu markieren und dauerhaft zu schützen.